Lob und Kritik an die Redaktion der Campus Delicti

Nachdem in Ausgabe 337 der Campus Delicti ein Artikel über die Fächer aus dem MINT-Bereich zu lesen war, den man so, wie er dort zu lesen war, nicht stehen lassen konnte, reagierten wir mit einem Brief an die Redaktion.

Dieser Brief wurde in Ausgabe 338 der Campus Delicti gekürzt veröffentlicht. Für die Veröffentlichung gehört die Redaktion gelobt, was hiermit geschieht. Eine Stellungnahme oder Entschuldigung bleibt zwar aus, der gute Wille wurde aber irgendwie gezeigt – oder so.

Für alle Zensurgegner, folgt der ungekürzte Brief. Die in der Campus Delicti gestrichenen Stellen sind – da waren wir kreativ – durchgestrichen, von der Campus Delicti ergänzte stellen stehen [in eckigen Klammern]:

Liebe Redaktion,

die Problematik, dass sehr wenige Frauen die Studiengänge aus dem MINT-Bereich – also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – belegen, ist inzwischen allgemein bekannt und es wird immer öfter versucht, auch Frauen für diesen Bereich zu begeistern.
Diese Absicht unterstellen wir auch Frau Laura Diaz, die den Artikel „Ich bin kein MINT-Girl“ aus der letzten Campus Delicti (Ausgabe 337) verfasst hat. Bis hier hin volle Zustimmung.

Soweit der Konsens, doch nun zum Inhalt des Artikels:

Frau Laura Diaz gibt vor, in einem Selbstversuch eine Mathematik-Vorlesung und einen Informatik-Vorkurs besucht zu haben. „Gibt vor“, da fast nichts von dem, was berichtet wird, so stattgefunden hat – wie uns Teilnehmer berichtet haben.

Zunächst ist da die Vorlesung „Wahrscheinlichkeitstheorie“, in der es bis zur letzten Vorlesung ausschließlich um Maßtheorie ging. Mit Statistik hat das ganz sicher noch nichts zu tun.

Auch ohne die gleiche Veranstaltung besucht zu haben, sind wir uns sicher, dass Herr Prof. Dr. Peter Kern den Satz „Ein Prototyp einer überabzählbaren Ergebnismenge ist die Menge der reelen Zahlen“, Zahlen, wie er im Artikel –  und 1:1 in der Wikipedia – zu lesen ist, nicht als Einleitung für seine Vorlesung benutzt hat – sicherlich könnte man ihn dazu aber auch persönlich befragen.

Nun gut, aus der Wikipedia zu kopieren, das passiert jedem mal, selbst den Studierenden aus dem MINT-Bereich – bis sie dafür zum ersten Mal mit null Punkten für ein gesamtesÜbungsblatt belohnt werden (bei manchen setzt der Lerneffekt auch erst nach dem zweiten Null-Punkte-Blatt ein). Aber [Zu] den Linealen, Geodreiecks (sic!) und Taschenrechnern fällt uns kaum noch etwas ein. Außer, dass ein befreundeter Mathematikstudent Lineal, Geodreieck und Taschenrechner zuletzt in seiner Abiturklausur benötigt hat – Wenn man vom Unterstreichen von Überschriften einmal absieht.

Dafür gibt Frau Diaz aber auch zu, Mathe sei nie ihr Fach gewesen. Vielleicht sieht es in der Informatik ja besser aus. Berichtet wird vom Vorkurs in Raum 25. Die Raumnummer ist – vermutlich zur Vereinfachung für die Leser – erfunden, denn der Vorkurs fand in anderen Räumen statt und einen Raum mit Rechnerarbeitsplätzen und der Nummer 35 konnten wir nicht finden. Viel wichtiger ist aber, dass es für Frauen einen separaten Vorkurs gab. Die Studierenden wurden in drei Gruppen aufgeteilt, wobei eine davon nur aus Frauen bestand und die beiden anderen nur aus Männern (bis auf eine Ausnahme). Den Frauen stand es dabei frei, auch eine der „Männergruppen“ zu besuchen, was jedoch nur eine der Damen gemacht hat. Dass also vor Raum „mehr Jungs als Mädchen“ standen, ist ziemlich sicher frei erfunden – zumindest, wenn es um den Vorkurs der Informatik geht.

Im Vorkurs wurden vor allem grundlegende Programmierparadigmen gelehrt, damit die Studierenden vor der ersten richtigen Vorlesungen schon einmal Quelltext gesehen haben und mit ein paar Besonderheiten der Programmiersprache Java vertrau sind. Richtig, programmiert wurde in Java. Während HTML eine reine Auszeichnungssprache ist (daher der Name: Hypertext Markup Language), könnte man in Java tatsächlich ein Ping-Pong-ähnliches Spiel programmieren; allerdings nicht im Vorkurs. Dort wurde eher gezeigt, was eine Schleife ist und welche Datentypen es gibt. Es bleibt also anzuzweifeln, ob Frau Diaz wirklich „jeden einzelnen Schritt“ verstanden hat – vielleicht sogar, ob sie auch nur „einen einzigen“ Schritt nachvollzeihen konnte.

Vor diesem Hintergrund klingt es nach Verspottung – auch und vor allem für die „Informatik-Mädels“, wenn sie ihren Artikel mit dem Satz „Ich mag zwar kein reines MINT-Girl sein, aber wenn ich Mathematik und Naturwissenschaften streiche, bleibe ich immer noch ein IT-Girl!“ beendet.

Wir bitten freundlichst um Veröffentlichung dieses Briefes in der nächsten Ausgabe der Campus Delicti sowie um eine Klarstellung und Entschuldigung von Frau Diaz und verbleiben …

[Janina Haas und Julian Kippels sind beide in der Fachschaft Informatik aktiv.]

Unterschrieben haben den Brief Janine und Julian. Eine Janina kennen wir nicht. Die gestrichenen Stellen wurden von der Redaktion gekennzeichnet.

edit: Wer mag, kann sich Ausgaben 337 und 338 der Campus Delicti auch selbst ansehen. Der beanstandete Artikel ist auf Seite 12 zu finden: “Ich bin kein MINT-Girl”. Im Bereich Technik wurde übrigens ebenfalls aus der Wikipedia kopiert. Ein Hinweis an unsere Erstis: Null Punkte bekommt ihr in den meisten Fällen nicht nur dann, wenn ihr irgendwo kopiert, ohne die Quelle anzugeben, sondern auch dann, wenn ihr einfach nur kopiert. Punkte gibt es für Eigenleistung.

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